»Soll der Mensch von der Erfahrung mit dem Sterben erzählen?« – »Ich habe Krebs!«
»Soll der Mensch von der Erfahrung mit dem Sterben erzählen?«, fragen sich die Medien und Jannis Kucharz in www.evangelisch.de in einem Beitrag unter der Überschrift: Literatur: „Ich habe Krebs“
Auch ich habe Krebs
Wenn die Hälfte aller Männer und ein Drittel aller Frauen mindestens einmal im Leben mit Krebs und seinen Auswirkungen zu tun haben (Tendenz steigend!), nicht mitgezählt die mitbetroffenen Partner(innen), Familienangehörigen, Freunde und Verwandten, dann wird wohl jedem klar: Natürlich muss darüber gesprochen werden, aber natürlich nicht zu jeder Zeit und zu jedem Anlass.
Wie zum Leben der Tod, so gehört zur Gesundheit die Krankheit: Alle waren oder werden wir im Leben einmal krank: Krankheiten gehören somit zum Leben und verdeutlichen uns immer wieder, dass wir Menschen nicht perfekt und vollkommen sind. Gleichzeitig ist all unser Bemühen natürlich darauf ausgerichtet, Krankheiten zu heilen oder zumindest die Folgen für die betroffenen Menschen erträglich zu machen. Darüber hinaus begreifen wir oft erst durch Krankheit, wie wertvoll Gesundheit (bezüglich des Körpers wie auch der Psyche) im Leben ist.
Als im April 2006 über mich völlig unerwartet die Nachricht »Nur noch wenige Monate« mit der Diagnose »Eine sehr aggressive, kleinzellige Krebsart« hereinbricht, beginnt auch für mich dieser schmerzhafte aber auch zugleich befreiende Lernprozess, meine lebensbedrohende Krankheit und damit meine Vergänglichkeit anzuschauen und zu akzeptieren, mit ihr fertig zu werden.
Das geht am besten, wenn man sich damit auch auseinandersetzt, darüber spricht oder schreibt. – Mir zumindest (wie vielen anderen auch) hat das Schreiben über meinen Krebs geholfen.
Schicksalsschläge können einen Menschen sehr verändern, zum Negativen, indem man verbittert und vereinsamt, weil man z.B. nicht darüber spricht und sich austauscht, oder aber zum Positiven, in dem man das Beste daraus macht. – Letzteres versuche ich, auch wenn es immer wieder Menschen gibt, die sich über das Thema Krebs erregen, aufregen, andererseits sich aber immer wieder voyeurhaft in diese Seiten einklicken, sie gar verärgert kommentieren oder mit schlechten Bewertungen abzustrafen versuchen, anstatt sich mit Dingen zu beschäftigen, die sie zufrieden stellen und/oder glücklicher machen, die ihrem (hoffentlich gesunden) Lebensspielraum am nähesten kommen und sie weiterbringen … – Nur für uns (zumindest bewussten) Krebspatienten ist auch die Krankheit und der Tod ein Spielgefährte des Lebens, der ernst genommen werden will und muss. Wir kommen nicht umhin, dies wahrzunehmen, wollen wir nicht innerlich erblinden.
Herzlich,
Stephan
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Aus der Sicht eines Krebspatienten: Wann ist man alt?
Aus der Sicht eines Krebspatienten: Wann ist man alt?
Erst die Rentensysteme der Neuzeit haben ein Rentenalter-Bewusstsein (60 – 65, heute gar 67) geschaffen. Die meisten Menschen des Mittel- und Altertums wussten gar nicht, wie alt sie sind. Außerdem sind heute immer mehr ältere Menschen zu einem aktiven und selbstbestimmten Leben fähig.
Im Alter sind die Unterschiede zwischen Menschen gleichen Alters erheblich größer als in jungen Jahren. Während im Kindes- und Jugendalter die Altersgruppe Rückschlüsse auf körperliche und geistige Entwicklung zulässt, ist dies im Alter nicht mehr möglich: Ein 60-Jähriger kann ebenso leistungsfähig sein wie ein 40-Jähriger, aber auch ebenso aussehen und sich fühlen wie ein 80-Jähriger, füllt also eine Bandbreite von fast 40 Jahren aus!
Außerdem nimmt die Bereitschaft zum Lernen und zu Veränderung auch im Alter immer mehr zu, nämlich weiterhin Suchender zu sein, stets offen zu notwendigen durchzuführenden Veränderungen: Sowohl im Denken, als auch im Handeln!
Ich jedenfalls möchte gerne zu dieser Gruppe zählen. Aus jugendlicher Zeit ist mir der Wunsch zu steter wachsender Veränderung geblieben, heute mehr denn je, denn mein Ziel im Leben ist Entwicklung, nicht Stillstand! – Ansonsten bin ich ziellos, lebe im »Jetzt«, im »Jetzt erst recht!« …
Meine Schicksalsschläge habe ich in der Vergangenheit nicht immer ernst genug genommen, mich nicht weit und nachhaltig genug verändert, wie ich mich hätte verändern können oder sogar müssen. Erst mein Krebs hat mich so wach gerüttelt, dass ich diesmal nötige Veränderungen nicht übersehen kann und darf: Und trotzdem fallen mir manche Veränderungen immer noch sehr schwer …
Aber es ist schwieriger als im Berufsleben: Kleine körperliche und geistige Veränderungen kosten mehr Arbeit, Kraft und vor allem Ausdauer und Durchhaltevermögen … und viel mehr Zeit, als man glaubt und sich vorstellen kann. – Ich bin dabei und werde noch lange dazu brauchen und deshalb auch noch länger leben müssen!
Krebs kann so gesehen durchaus auch eine Chance sein, nachhaltige Veränderungen in seinem Leben durchzuführen, die man sonst wohl nie angegangen und geschafft hätte. – So ist der Krebs für mich eine wirkliche Chance, Veränderungsprozesse, welcher Art auch immer, auf den Weg zu bringen.
Und solange ich mich verändere, nehme ich mir das Recht, zu leben und das, was mir bleibt, zu genießen!
Heute lasse ich mehr Dinge ruhen, wenn ich sie doch nicht verändern kann, suche – wenn möglich – jedem Streit aus dem Wege zu gehen (er lohnt sich in der Regel nicht), versuche mehr zu schlafen (wenn ich nicht gerade an überlangen Beiträgen hier im Netz sitze!), mich gesünder zu ernähren, mich mehr zu bewegen, selber harmonischer zu leben, usw. … Und damit lebe ich sehr gut und ausgeglichen, z. Zt. noch sehr erfolgreich und länger, als mir die Ärzte bisher vorausgesagt haben! – Aber jeder muss seine eigene Art der Krankheitsbewältigung für sich selber herausfinden!
Ich lebe noch und lebe gerne! – Mir macht es nichts aus, den Tod in meinem Schatten zu haben, zumal als Freund. Der Unterschied zu einem Nicht-Betroffenen ist doch nur die Wahrnehmung des Todes! – Schließlich sind wir ihm alle geweiht, nur dass wir Krebspatienten vorgewarnt sind: keine Zeit mehr zu vergeuden, unsere Zeit besser zu nutzen, intensiver zu leben, einfach mehr an unserer Veränderung und unserem Glück zu arbeiten! Das ist doch ein riesiger Vorteil!
Mit dieser Strategie habe ich bisher alle meine Krebs-Prognosen überlebt! –Zufall ? ! – Mag glauben, wer will! –
In diesem Sinne wünsche ich allen meinen Lesern Veränderung und Entwicklung, Wärme, Licht und Liebe von ganzem Herzen,
herzlich,
Stephan
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Hadere nicht, vertraue!
So kann man sein Schicksal besser ertragen
Da glaubt man, sehr gläubig zu sein, und hadert gleich beim ersten Schicksalsschlag mit Gott und seiner Schöpfung.
Und doch: Die einen haben Vertrauen in ihr Schicksal, in die Natur, Gläubige sprechen von Vertrauen in Gott und seine Schöpfung. – Und beides meint letztendlich das Gleiche:
Die Natur ist wunderschön und zugleich absurd grausam:
Das blühende Leben auf der einen Seite,
das Sterben auf der anderen Seite:
»Fressen und gefressen werden«,
würden die Pessimisten sagen,
und sie haben noch nicht einmal Unrecht.
Und trotzdem sollten wir absolutes Vertrauen in Gottes Schöpfung haben!
Auch wir leben, indem wir andere Organismen verzehren, nämlich Pflanzen oder Tiere: Wir brauchen zum Leben »Kost vom Lebendigen«, sonst sterben wir, daran kann keiner etwas ändern, auch die Vegetarier und sogar diejenigen nicht, die veganisch leben. Jede Frucht, die wir essen, würde lieber selber gerne Früchte tragen, jedes Tier, das wir zu unserer Nahrung zerlegen, hätte lieber selber gerne länger gelebt: Was steht uns Menschen zu, uns über alle anderen Lebewesen zu erheben oder Tiere über Pflanzen?!
Auch wir sind Teil und abhängig von der Schöpfung, haben unsere Aufgabe, ob bewusst oder unbewusst, diesen Weltorganismus am Leben zu erhalten.
Und: Leben heißt »sich schuldig machen«!
Die Frucht, die gegessen wird, weiß nicht, warum sie keine Früchte tragen darf wie andere, die wiederum wachsen dürfen, sondern wird ungefragt in unserem Magen durch Magensäure zerlegt, muss vorzeitig sterben! Und doch erfüllt sie einen weitreichenden Auftrag: Sie erhält uns am Leben. – Nur: Wen oder Was müssen wir außer uns selbst am Leben erhalten?!
Wir Menschen wissen viel, aber nicht alles, um auf alle Fragen eine Antwort geben zu können. Wenn wir dann noch selber »Opfer« irgendeines Gesamtvorganges werden, sind wir noch weniger bereit und fähig, den größeren Sinn dahinter wahrnehmen zu können und zu wollen.
Unzufriedenheit und Unvollkommenheit können wohl kaum göttliche Eigenschaften eines allmächtigen Gottes sein. Also muss Gottes Werk vollkommen und Gott mit seinem Werk und seiner Schöpfung zufrieden sein:
Sein Werk beruht auf sich, bedarf keiner Korrektur:
Es wird und kann sich alles (selber) richten,
in welche Richtung auch immer!
Um mit meinem Leben, meinen Schicksalsschlägen, meiner unausweichlichen Schuld, die man mit sich trägt, weil man lebt, solange man lebt, fertig zu werden, bleibt mir nur unbändiges Vertrauen in Gottes Schöpfung, ein »bewusstes Hingeben in mein Schicksal«, in der Gewissheit, dass alles seinen Sinn hat …
Und mit »tiefem Vertrauen in die göttliche Schöpfung und Fügung« hoffe ich, Gott näher zu kommen, als wenn ich zweifelte …, denn Zweifel ist sicherlich keine göttliche Eigenschaft. – Ob Vertrauen in sein Schicksal oder Vertrauen in die göttliche Schöpfung, allein wichtig ist: Vertrauen zu haben!
Was nutzt der Glaube an Gott ohne das Vertrauen zu ihm. Was nutzt mir die Liebe eines Menschen ohne Vertrauen zu ihm.
Glaube und Vertrauen an und in die Schöpfung und damit in sein Schicksal, ob man nun an Gott glaubt oder nicht, wirkt sich in jedem Fall positiver auf das menschliche Gemüt und damit auf unser Befinden aus als Zweifel: Um wie viel befreiter, ungezwungener kann man sich nun den (noch) verbleibenden (auch schönen) Dingen des Lebens (also der Schöpfung) widmen und hingeben, indem man absolutes Vertrauen hat …
Herzlich,
Stephan
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