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Band 2 – Briefe und Notizen


Gras in den Dünen

– Band 2 –

Briefe und Notizen

eines Überlebenden im Angesicht des Todes

ISBN: 978-3-8391-2328-7     Preis: 9,80 €


☼ Vorschau:     Leseprobe aus Band 2
☼ Bezug:     Amazon.de     ☼     Google Bücher




AUS DEM INHALT (Band 2):   »Briefe & Notizen«

Inhaltsverzeichnis
Vorwort

Themenbereiche

Briefe

Mein erster Brief nach dem Befund
Antwort auf einen Hochzeitsglückwunsch
Ich bin kein Arzt, aber für mich verantwortlich
Das schönste Weihnachtsfest: Ich lebe !
Meine subjektiven Krebserfahrungen
Missbrauche deine Krankheit nicht
An meine Eltern
Verberge deine Krankheit nicht, lebe mit ihr
Zufall, Unfall oder Schicksal
Nachtrag
Weihnachten 2007

Notizen

Parzival-Frage
Von der Liebe eines älteren Ehepaares
Von Luft und Liebe
Philemon und Baucis
Alter und Schönheit
Angst
Angst vor dem Sterben
Krebsvererbung mal anders gesehen
Schuld für etwas, das man nicht begangen hat
Reich ist man, wenn man sich so fühlt
Apropos Reichtum
Haus- und Wundermittel
Meine Füße
Wenn Du nachts nicht schlafen kannst
Vertrauen in sein Schicksal
Beileidsbrief

Internet

Spiel mir das Lied vom Tod
»Was hast Du gegen Deinen Krebs getan?«
Abschiedsbrief an ein Krebs-Internet-Forum




VORWORT zu BAND 2: »Ein kleines Wunder«


Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn uns ein Schicksalsschlag ohne Vorwarnung trifft, uns den Boden unter den Füßen wegreißt und wir schockiert, versteinert und verzweifelt sind, wenn es keine Zukunft mehr für uns zu geben und das Leben sich gegen uns entschieden zu haben scheint, wenn nichts mehr wie vorher ist, alle Ziele und Werte im Leben verschwimmen, sich ändern oder sich zu verschieben drohen, wenn selbst für Hoffnung kein Platz mehr bei uns zu sein scheint und wir selbst an ein Wunder nicht mehr glauben können, dann trifft es jenen Moment im April 2006, in dem ich wie ein Blitz aus heiterem Himmel das medizinische Untersuchungsergebnis erfuhr: Metastasen eines sehr gefährlichen, kleinzelligen Karzinoms, das fast sichere Todesurteil.

Aber was ist schon sicher?! – Wir, die wir letztendlich immer nach Sicherheit streben, sichere Prognosen verlangen und erwarten, wünschen uns in solchen Momenten nichts anderes als Unsicherheit, eine Restchance … und dann vielleicht doch das unvorstellbare Wunder?!

Heute höre ich in meinem Zustand und einem dadurch bedingten Grad der Schwerbehinderung von 100 % des Öfteren: »Das sieht man Ihnen aber nicht an!«, und Verwunderung und Erstaunen sind nicht zu überhören. – »Ja, es ist wie ein kleines Wunder!«, antworte ich dann.

Ich ein Wunder?! – Nein, nicht »Ich bin das Wunder«, sondern »dass ich noch lebe«, ist ein Wunder.

Dann denke ich mir: Sind wir nicht alle Wunder, jedes Geschöpf für sich?! Passieren nicht ständig um uns herum Wunder, kleine und große, spektakuläre und mehr noch stille Wunder?

Hätte ich nach Feststellung meiner Metastasierung eine Wallfahrt nach Lourdes in die Grotte von Massabielle gemacht, von deren Wunderheilungen viel berichtet wird, hätte man mir meine »Heilung« sicherlich heute als Wunder attestiert, denn nach heutigem Wissensstand heißt Metastasierung des Merkellzellkarzinoms eine Restlaufzeit von nur wenigen Monaten.

Wenn ein Ereignis, dessen Zustandekommen wir uns nicht erklären können, Verwunderung und Erstaunen auslöst, sprechen wir gern von einem Wunder, entweder wenn etwas nicht eintritt, was nach unseren medizinischen oder wissenschaftlichen Erkenntnissen hätte eintreten müssen (in meinem Fall der sichere vorschnelle Krebstod) oder etwas eintritt, was nach heutigem Wissenstand nicht hätte eintreten können (nämlich in meinem Fall Stillstand eines aggressiven Karzinoms).

Aber Gott sei Dank ist Gott nicht nur in Lourdes gegenwärtig, sondern überall, gibt es Wunder nicht nur für Christen, sondern für alle Gläubigen und Ungläubigen. Gott ist für alle da! – Ich jedenfalls kann mir keinen Gott vorstellen, der nach Glaubenszugehörigkeit urteilt und danach seine Wohltaten verteilt.

Ob ein Ereignis oder eine Sache wunderbare Züge trägt und damit ein »Wunder« ist, bleibt letztendlich der Meinung des jeweiligen Betrachters überlassen. Ob hinter allem ein allmächtiger Gott steht, ebenso.

Dabei wird oft vergessen, dass Wunder (und auch unsere Beziehung zu Gott) doch letztendlich nur in unserem Inneren produziert werden, ganz individuell, ganz persönlich. Wunder sind doch nur Sichtweisen, Ansichtssache, nicht Erklärbares, für uns momentan unerwartet Positives: Was für den einen ein Wunder ist, muss für den anderen noch lange keines sein.

Deswegen ist mit »Wundern« sehr vorsichtig umzugehen. Aber wenn man schon meint, ein Wunder gesehen oder empfangen zu haben, sollte man auf jeden Fall sehr dankbar dafür sein.

So bin ich sehr dankbar

  • meiner liebenswerten Nachbarin, einer sehr ehrwürdigen älteren Dame, die als eine der ersten von meinem Schicksalsschlag hörte und mich sofort und bis heute in ihr Gebet und auch in ihre Fürbitten bei ihrem wöchentlichen Gebetskreis einschloss, in der erstaunlichen Gewissheit, dass Fürbitten mehr bewirkten als alle Medizin (und sie behielt Recht!).
  • der vornehmen Atemtherapeutin, einer ebenfalls sehr ehrwürdigen wunderbaren älteren Dame, die mir in den ersten Wochen nach der Hiobsbotschaft in ihren therapeutischen Sitzungen den größten Druck von meiner Seele nahm, ihre Hände wohltuend über meinen Körper gleiten ließ, ohne ihn dabei zu berühren, und besonders für ihre sehr sicher formulierte Aussage, eine so unbändige Konstitution und Lebenskraft in meiner Aura wahrzunehmen, dass sie sich einen vorschnellen Tod bei mir nicht vorstellen könne (und damit Recht behielt!).
  • für die vielen Hinweise, die ich in Büchern erfahren konnte. Denn alle, die es geschafft haben, im Endstadium des Krebses (Metastasierung) den Kampf ums Überleben aufzunehmen und zu gewinnen, haben bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Ansätze und Methoden eines gemeinsam:

Sie alle wurden und arbeiten
in irgendeiner Art und Weise
spirituell.

  • den vielen Ärzten aus der Schulmedizin wie aus der alternativen Medizin, die mich auf meinem Krebs-Weg begleitet haben. Dabei habe ich für mich eines gelernt:
  • der Arzt bekämpft Symptome einer Krankheit im Körper,
  • der Psychologe sucht nach Ursachen in der Psyche,
  • der Pastor arbeitet als Seelsorger für die Seele,
    alle tragen zur Heilung bei, aber heilen nicht wirklich und allein für sich: Nur unser Körper, wir selbst können uns letztendlich heilen.

Der Benediktinerpater Anselm Grün stellte kürzlich fest: »Der Arzt heilt nicht nur durch die Medikamente und sein Können, sondern indem er Worte sagt, die dem Patienten ein Haus anbieten, in dem er zuhause sein und gesunden kann. Doch für solche Worte gibt es keinen Marktwert. Sie können nicht in finanziellen Werten gemessen werden.« – Er setzt auf Menschlichkeit, das heilende Gespräch und die drei christlichen Werte: Glaube – Hoffnung – Liebe.

Ein Heilungsprozess ohne Mithilfe des Patienten und seines physischen Körpers ist ausgeschlossen: »Selbstheilung ist die einzig wirkliche Heilung«! Wo unser Geist zu keiner Selbstheilung mehr fähig und bereit ist, kann auch unser Körper und unsere Seele nicht mehr gesunden!

Selbstheilungskräfte sind für den Gläubigen die göttlichen Kräfte, der Atem Gottes in uns, für den Nicht-Gläubigen die Kraft des »Unbewussten« oder »Universums«. Wie man es auch nennt, es sind die Kräfte, die aus unserem Geist und unserem Körper entspringen.

Mit dem Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, hier vorliegenden selbst gebundenen Schicksalsstrauß von Briefen und Notizen eines Überlebenden im Angesicht des Todes hoffe ich, Ihnen zu weit tieferen eigenen Erkenntnissen Ihres Schicksalsschlages verhelfen zu können. Wenn diese Sammlung ein kleiner Anstoß dazu ist, dann war die Veröffentlichung meiner Buchprojekte (siehe auch »Band 1: Gras in den Dünen – Tagebuch eines Überlebenden im Angesicht des Todes«) der Mühe wert. Sprechen Sie mit Ihrer Umwelt, teilen Sie sich mit, beobachten Sie Ihren eigenen Wandel und den in Ihrer Umgebung. Haben Sie den Mut, mit Ihrem Schicksal offen umzugehen. Betrachten Sie beide Seiten jeder Medaille und achten Sie dabei bitte mehr auf die Ihnen verbleibenden positiven Seiten, die es immer gibt, wenn Sie denn bereit sind, diese wirklich zu suchen, zu sehen und auch anzunehmen!

Da wir alle Individuen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Erfahrungen sind, müssen Sie mit mir nicht in allem übereinstimmen. In einem Punkt werden wir aber sicherlich einer Meinung sein: Indem wir uns körperlich, geistig und emotional an unserer Gesundung aktiv beteiligen, können wir das Zünglein an der Waage zum Leben und Überleben sein.

Dazu möchte ich Ihnen Mut machen, sich nie aufzugeben, an die Macht zu glauben, dass wir durchaus das Zünglein an der Waage sein können. Dann erleben ja auch Sie vielleicht Ihr »kleines Wunder«, wie ich es erleben darf: Ich lebe noch … mit der Absicht, mein Leben zu verlängern, nicht unbedingt die Anzahl neuer Lebensjahre, aber bewusster und dankbarer will ich leben,

herzlich,

Ihr

Stephan Wolters

© Mai 2009

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